Gestern war Record Store Day. Schon seit ein paar Jahren gibt es diese Marketing-Kampagne, die in erster Linie darauf abzielt, unabhängige Musikhändler zu fördern. Daher gibt es am 3. Samstag im April jährlich eine Menge exklusiver Veröffentlichungen, die in teilnehmenden Plattenläden angeboten werden. Oben drauf bieten einige der Läden auch ein Rahmenprogramm mit Livemusik oder DJs.
Es ging recht früh los, weil ich mir zwei/drei Platten ausgeguckt hatte, die ich wirklich gerne haben wollte. Wegen der oft geringen Auflage besteht da die Gefahr, dass man zu spät kommt. Also war als Startzeit 9:30 abgemacht, um dann den ganzen Vormittag die vorher überlegte Route abzulaufen. Der Plan sah folgendermaßen aus: zuerst zu Parallel Schallplatten, wegen der Nähe zum Rudolfplatz ein guter Treffpunkt. Von da sollte es über den Groove Attack zum Kompakt gehen, und dann in Richtung Hansaring/Ritterstraße, wo mit dem Underdog Recordstore und Black Diamond Records zwei Läden fast direkt nebeneinander liegen.
Der Besuch beim Parallel war kurz und schmerzlos. Der Laden ist generell überteuert, und was die an RSD-Exklusivitäten da hatten, war für mich ziemlich uninteressant. An der Kassentheke habe ich dann aber noch eine 7″-Platte vom Record Store Day 2012 gefunden. Dann gab’s erst mal nen leckeren Kaffee auf die Faust von der Rösterei. Und weiter zum Groove Attack auf der Maastrichter Straße. Kurz nach zehn kamen wir an. Der Groove Attack ist im Untergeschoss des Hauses, das Erdgeschoss beherbergt einen Klamottenladen. Öffnungszeiten ließen sich dem Schaufenster leider nicht entnehmen, also habe ich die einen Spalt weit offene Tür aufgemacht und reingeschaut. Drinnen roch es noch stark nach after-hour; weiter hinten im Laden saß ein Mann mit freiem Oberkörper und fragte, ob wir wegen des Records Days kämen? – “Ja. Ist noch geschlossen?” – “… machen um zwölf auf.”
Also haben wir kurzerhand die Route geändert, weil wir nicht schon so früh zum Kompakt wollten. Vom Friesenplatz ging es mit der Stadtbahn zum Hansaring. Dort angekommen, machten wir uns auf zur Ritterstraße. Dann sahen wir allerdings linkerhand ein Schaufenster mit Platten und CDs, und es schien im Innern einigermaßen lebhaft zuzugehen. Ein Schild, auf dem der Name des Ladens erkennbar gewesen wäre? – Fehlanzeige. Nur “CD-Verleih – Secondhand Markt” stand oben über die gesamte breite des Lokals.
Eigene Recherchen haben ergeben, dass es sich bei dem Geschäft um den “Music Point” handeln könnte; allerdings bin ich mir nicht 100%ig sicher; werde versuchen, das Geschäft kommende Woche noch einmal in Augenschein zu nehmen, um das zu klären (und um möglicherweise ein Paar exklusive Veröffentlichungen zu ergattern, die nicht rechtzeitig ausgeliefert wurden). Jedenfalls konnte ich dort zum Glück zwei der Platten finden, die ganz oben auf meiner Liste standen: eine Charlie Musselwhite-Maxi, und das Reissue des Bert Jansch Albums von 1965. Und wie sich später rausstellte, gab es die beiden heißbegehrten Scheiben dort auch noch deutlich günstiger als überall anders. Außerdem war die Atmosphäre in dem namenlosen Laden super angenehm. Also sind wir ne Weile dort geblieben und haben durch die Kisten gestöbert. Dabei habe ich noch zwei gebrauchte Compilations aus den 1970er Jahren gefunden. Den PIAS-Sampler gabs umsonst als CD zum Mitnehmen.
Anschließend ging es nur ein paar Meter weiter zum Underdog Recordstore. Dort hatte sich – für mich überraschenderweise – eine lange Schlange gebildet. Ich war vorher noch nie beim Underdog, aber das scheint der Laden zu sein, in dem sich die hippen jungen Leute von heute ihr schwarzes Gold besorgen. Innen drinnen gab es zwei Kisten mit RSD-exclusives, und dafür standen ca. 50 Menschen Schlange. Da ich meine Exklusivitäten bereits hatte, und sowieso von Anstehen prinzipiell wenig halte, haben wir nur kurz mal reingeschaut. Auf wenig Raum gibt es scheinbar extrem viele Platten. Nicht so ganz billig, aber anscheinend gut sortiert, und mal einen Besuch wert, wenn nicht so viele Leute anstehen und die Mini-Verkaufsfläche so voll ist.
Nach der kurzen Inspektion sind wir also nach nebenan zu Black Diamond Records gegangen. Auch ein sehr sympathisches kleines Fachgeschäft, das bis unters Dach vollgestopft ist mit Musik. Insbesondere was Jazz angeht scheint der Black Diamonds eine wahre Fundgrube zu sein. Nun war mein Budget auch schon stark strapaziert. Aber es half alles nix, den Kompakt kann man ja nicht nicht besuchen an so einem sonnigen Plattenkauf-Tag. Und, wie immer beim Kompakt, muss ich nach einer nicht allzu langen Zeit aufhören, mehr Platten anzuhören, weil ich mich sonst finanziell ruiniere. Irgendwas findet sich da einfach immer. Und zusätzlich gab es dann noch 15% auf alle Kompakt- sowie Sublabel-Releases. Wie der Zufall es will, hab ich dann auch ausschließlich Kompakt-Veröffentlichungen gekauft; obwohl der Laden schätzungsweise 5Tausend andere Labels führt.
Nachdem wir nun knappe vier Stunden unterwegs waren, und das vorab veranschlagte Budget doch relativ deutlich überschritten war, machten wir nach dem Kompakt-Besuch Schluss. Unterm Strich war es ein erfolgreicher Tag, mit viel toller neuer Musik, und einigen Entdeckungen.
http://dasfilter.com/kultur/auf-kante-gepresst-warum-der-vinyl-hype-die-schallplatte-kaputtmacht (DE)
http://www.factmag.com/2015/05/07/pressed-to-the-edge-vinyl/ (EN)