Medals and the Media

Alle Welt bloggt momentan über die Winterolympiade in Sotschi. Mich persönlich interessiert Olympia im Winter prinzipiell in etwa so wenig wie Olympia im Sommer, d.h. fast gar nicht. Ein paar Ski Alpin Wettkämpfe schau ich mir vielleicht an, im Großen und Ganzen jedoch trete ich der Veranstaltung mit umfassender Ignoranz gegenüber. Ein Kuriosum ist mir dann aber doch aufgefallen.

Durch alltägliches Internetgesurfe kam ich in der vergangenen Woche nicht an der Information vorbei, dass das Deutsche Olympiateam einen ordentlichen Lauf hat und diverse Goldmedaillen absahnen konnte. Dementsprechend sah ich dann Deutschland auch im Medaillenspiegel auf dem ersten Platz. Zum Beispiel auf kicker.de: 

Dann ist mir beim Besuch irgendeiner amerikanischen Webseite aufgefallen, dass der Medaillenspiegel dort ganz anders aussieht. Da waren die USA ganz vorne. Und Norwegen. Merkwürdig, dachte ich, aber die Erklärung dafür ist einfach. Damit die USA weiter oben stehen, zählen nicht die Goldmedaillen, die das Team einer Nation gewonnen hat, sondern die Summe der Gold-, Silber- und Bronzemedaillen. Wie z.B. auf usatoday.com:

USA Today ist nicht das einzige Medium, dass den Medaillenspiegel so darstellt. Eigene Recherchen haben ergeben, dass es auf den Webseiten von NBC, der Huffington Post, der New York Times und der Washington Post nicht anders aussieht. Was tut man nicht alles fürs Vaterland? Und was passiert, wenn die USA evtl. doch noch aufholen und am Ende die meisten Goldmedaillen gewinnen, aber ein anderes Land, z.B. Norwegen oder Russland, insgesamt mehr Medaillen hat? Wird die Methode dann angepasst? Wahrscheinlich. Da mich diese Disparität zutiefst verunsichert hat, hab ich dann mal auf der offizielen (?) Homepage der olympischen Spiele nachgeguckt, was denn nun die “korrekte” Zählweise fürs Gesamtklassement ist. Und siehe da, die Goldmedaillen sind entscheidend:

Interessant, die unterschiedlichen Zählweisen. Ich möchte nicht falsch verstanden werden dahingehend, dass ich empört wäre über die Herabsetzung meines Heimatlandes auf Platz 6 o.ä., für den Medaillenspiegel gilt nämlich das gleiche wie für die gesamte Veranstaltung auch (= mir egal). Interessant finde ich aber, dass die amerikanische Medienlandschaft sich auf eine Darstellung eines internationalen Sportwettkampfes geeinigt zu haben scheint, die den Eindruck vermittelt, dass die USA der (mit-)erfolgreichste Teilnehmer sind. Das wirft die Frage auf, ob das amerikanische Gemüt so sensibel ist, dass es den geteilten 4. Platz nach aktuellem Zwischenstand nicht verkraftet. Oder sind die Einsätze einfach so groß (Fernsehgelder), dass man mit allen Mitteln eine erfolgreiche Teilnahme der Amis an den Spielen kommunizieren muss, damit auch alle nur semi-olympiainteressierten doch noch die TV-Geräte einschalten und sich den Quatsch anschauen? Sind die Werbeeinnahmen quotenabhängig? Ist der 4. Platz denn wirklich nicht gut genug? Einzige Antwort auf all die Fragen: keine Ahnung. Für deutsche Boulevard-Medien wäre das bestimmt ein tolles Thema, ich kann das gewisse Empörungspotential förmlich riechen.

Wer dagegen etwas wirklich interessantes über Deutschland und die U.S. of A. lesen möchte, klicke bitte hier.

* *

Edit: Gerade doch noch was im Internet gefunden. Die Toronto Sun titelt “Experte entlarvt Olympischen Medaillen-Mythos.” Es gibt demzufolge gar keine “offiziellen” olympischen Länder-Rankings. Zu meiner Verteidigung daher folgendes: die Website http://www.Sochi2014.com gibt an “© 2014 Organizing Committee of the XXII Olympic Winter Games and XI Paralympic Winter Games of 2014 in Sochi.”

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